Die Welt der Zukunft by William Tenn

Die Welt der Zukunft by William Tenn

Autor:William Tenn
Die sprache: deu
Format: epub


WINTHROP WAR STUR

Genau da lag der Hase im Pfeffer. Es war wirklich eine bodenlose Rücksichtslosigkeit.

Winthrop war stur.

Mrs. Brucks bedachte ihre drei Reisegefährten aus dem zwanzigsten Jahrhundert mit wilden Blicken. »Das kann er einfach nicht tun!« rief sie aus. »Er ist nicht allein hier – er muß auch an uns denken! Er kann uns doch nicht an diese verrückte Welt fesseln!«

Dave Pollock, dessen konservativer Anzug so gar nicht in den Raum aus dem fünfundzwanzigsten Jahrhundert zu passen schien, zuckte nur mit den Achseln. Er war ein ziemlich dürrer und nervöser junger Mann mit stets etwas feuchten Handflächen. Augenblicklich waren sie ausgesprochen naß.

»Er sagt, wir sollten ihm dankbar sein. Aber im Grunde genommen kümmert es ihn einen nassen Dreck, ob wir dankbar sind oder nicht. Er will bleiben!«

»Das bedeutet, wir müssen ebenfalls bleiben«, jammerte Mrs. Drucks. »Sieht er denn das nicht ein?«

Hilflos breitete Polock die Arme aus. »Was hat das schon zu sagen? Er ist fest entschlossen zu bleiben. Ihm gefällt das fünfundzwanzigste Jahrhundert. Zwei Stunden lang habe ich mit ihm argumentiert; noch nie zuvor in meinem Leben bin ich einem derart sturen Kerl begegnet. Ich kann ihn nicht umstimmen, dessen bin ich mir sicher.«

»Warum versuchen Sie es nicht einmal, Mrs. Brucks?« warf Mary Ann Carthington ein. »Zu Ihnen ist er immer sehr freundlich gewesen. Vielleicht können Sie ihn zur Vernunft bringen.«

»Hm.« Mrs. Brucks strich sich über ihre Frisur, die nach zwei Wochen in der Zukunft leicht aus der Form geraten war. »Meinen Sie? Mr. Mead, was halten Sie von diesem Vorschlag?«

Die vierte Person in dem ovalen Raum, ein recht beleibter Mann in mittleren Jahren, dachte kurz nach, dann nickte er. »Kann bestimmt nicht schaden. Könnte vielleicht klappen. Und wir müssen etwas unternehmen.«

»Gut, ich werde es versuchen.«

Tief in ihrer großmütterlichen Seele jedoch hegte Mrs. Brucks einen geheimen Groll. Sie wußte, was die anderen dachten. Winthrop und sie zählten bereits zum alten Eisen, denn beide waren sie schon über Fünfzig. Deshalb mußten sie etwas gemeinsam haben, eine Art Seelenverwandtschaft, und deshalb mußten sie sich auch irgendwie besser verstehen können.

Die Tatsache, daß Winthrop zehn Jahre älter war als sie, bedeutete nicht allzuviel gegenüber Dr. Meads sechsundvierzig Jahren und war aller Wahrscheinlichkeit nach so gut wie unbedeutend gegenüber Mary Ann Carthingtons zwanzig Jahren.

Sie alle waren der Auffassung, die beiden »Alten« müßten leichter zu einer Einigung gelangen können.

Wie konnten sie in ihrer jugendlichen Unerfahrenheit etwas von der schier unüberbrückbaren Kluft ahnen, die gerade zwischen Mrs. Drucks und Winthrop gähnte? Für sie war es ohne Bedeutung, daß er ein griesgrämiger und vertrockneter Junggeselle war, während sie die warmherzige und aufgeschlossene Mutter von immerhin sechs Kindern war; dazu war sie noch zweifache Großmutter und hatte ihre Silberhochzeit schon hinter sich. Seit Antritt ihrer Reise in die Zukunft hatten sie und Winthrop nicht mehr als ein paar leere Worte gewechselt. Ihre tiefe Abneigung füreinander hatten sie schon in Washington beim Finale zur Zeitreise gespürt.

Aber – Winthrop war stur. Das stand fest. Schon Mr. Mead hatte bei ihm auf Granit gebissen. Mary Ann Carthington hatte seine Greisenhaftigkeit mit ihrer blendenden Figur und ihrer sinnlichen Stimme zu betören versucht.



Download



Haftungsausschluss:
Diese Site speichert keine Dateien auf ihrem Server. Wir indizieren und verlinken nur                                                  Inhalte von anderen Websites zur Verfügung gestellt. Wenden Sie sich an die Inhaltsanbieter, um etwaige urheberrechtlich geschützte Inhalte zu entfernen, und senden Sie uns eine E-Mail. Wir werden die entsprechenden Links oder Inhalte umgehend entfernen.